Wie gehe ich zwischen den Therapiesitzungen mit Emotionen um?

Zwischen den Therapiesitzungen treten häufig starke Emotionen zutage, deren Intensität Sie überraschen kann. Dies ist natürlich, da der therapeutische Prozess tief verborgene psychologische Mechanismen aktiviert. Es lohnt sich zu lernen, mit Emotionen umzugehen, wenn wir keinen direkten Kontakt zu einem Therapeuten haben. Mit geeigneten Strategien können Sie die Kontinuität Ihrer Arbeit aufrechterhalten und die Spannungen, die zwischen den Besprechungen entstehen, abmildern.

Emotionen erkennen als erster Schritt

Die Fähigkeit, Emotionen zu erkennen, ist ein Schlüsselelement der Selbstregulierung zwischen den Therapiesitzungen. Viele Menschen können ihre Gefühle nicht genau benennen, was zu Frustration und Anspannung führt. Oftmals verursachen Emotionen, die unverständlich erscheinen, zusätzlichen Stress. Deshalb ist es wichtig zu lernen, sie zu beobachten, ohne zu urteilen. Es kann hilfreich sein, ein emotionales Tagebuch zu führen. Wenn Sie täglich aufschreiben, was Sie fühlen und in welchen Situationen, können Sie Ihre eigenen Reaktionsmuster besser verstehen.

Emotionales Bewusstsein entsteht, indem Sie Ihre Aufmerksamkeit auf den Körper richten. Verspannungen in den Schultern, Druck im Magen oder Herzrasen sind oft erste Signale, dass sich in uns etwas tut. Halten Sie einen Moment inne und fragen Sie sich: „Was fühle ich jetzt?“ ermöglicht es Ihnen, automatische Reaktionen zu unterbrechen. Dies schafft Raum für bewussteres Handeln. Man sollte nicht vergessen, dass keine Emotion an sich schlecht ist. Jeder informiert über ein Bedürfnis oder einen Mangel.

Regelmäßiges Üben von Achtsamkeit, auch nur für kurze Momente, hilft Ihnen, besser mit Ihren Emotionen umzugehen. Indem Sie sich auf Ihre Atmung, die Geräusche Ihrer Umgebung oder die Berührung Ihrer Hände auf der Tischoberfläche konzentrieren, können Sie sich im „Hier und Jetzt“ verankern. Dadurch wird die Kraft emotionaler Impulse verringert und Sie können die Situation aus der Distanz betrachten. Achtsamkeit löst das Problem nicht, aber sie ermöglicht es Ihnen, es klarer zu erkennen.

Einen sicheren Raum für Emotionen schaffen

Zwischen den Therapiesitzungen ist es wichtig, einen eigenen Raum zu haben, in dem Sie Ihre Emotionen sicher erleben können. Für manche ist es ein bestimmter Ort zu Hause, für andere ein Moment der Einsamkeit im Auto oder während eines Spaziergangs. Es ist wichtig, sich in dieser Zeit nicht selbst für seine Gefühle zu verurteilen. Sich selbst zu erlauben zu weinen, wütend oder traurig zu sein, ist ein Ausdruck von Mut und Selbstfürsorge, nicht von Schwäche.

Wenn man seine Gefühle in sich behält und vermeidet, sie zu erleben, kann dies dazu führen, dass sie sich anhäufen. Unterdrückte Emotionen explodieren oft in den ungünstigsten Momenten. Deshalb lohnt es sich, Ausdrucksformen zu finden, die ihnen ein Ventil bieten. Dies kann das Schreiben von Briefen sein, die nicht abgeschickt werden müssen, Zeichnen, das Spielen eines Instruments oder sogar lautes Selbstgespräch. Der Ausdruck von Emotionen muss nicht ästhetisch oder logisch sein – er sollte dem Abbau von Spannungen dienen.

Wichtig ist auch, in schwierigeren Momenten persönliche Grenzen und Regeln für den Kontakt mit der Umwelt festzulegen. Wenn die Emotionen überhand nehmen, können Sie Ihren Lieben mitteilen, dass Sie etwas Ruhe und Frieden brauchen. Ein solches Vorgehen schützt vor unnötigen Konflikten und ermöglicht es Ihnen, sich auf Ihre eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren. Sie müssen nicht erklären, warum Sie allein sein möchten. Es handelt sich dabei um eine Form der Sorge um Ihre psychische Gesundheit und die Kontinuität des therapeutischen Prozesses.

Anwendung der in der Therapie erlernten Werkzeuge

Zwischen den Sitzungen lohnt es sich, bereits vom Therapeuten eingeführte Methoden bewusst anzuwenden. Atemtechniken, die Arbeit mit Glaubenssätzen oder Denkmustern sind Werkzeuge, die auch allein eingesetzt werden können. Sie helfen, Ängste abzubauen, die Spirale negativer Gedanken zu durchbrechen und die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Auch wenn sie trivial erscheinen, steigert sich ihre Wirksamkeit bei regelmäßiger Anwendung.

Emotionen entstehen oft als Folge sogenannter Schemata, also festgeschriebener Reaktionsmuster, die sich aufgrund früherer Erfahrungen entwickelt haben. Der Therapeut hilft dabei, sie zu identifizieren, am besten lassen sie sich jedoch im Alltag beobachten. Wenn eine starke Emotion aufkommt, lohnt es sich zu überlegen, ob sie durch die aktuelle Situation ausgelöst wurde oder ob sie eine Erinnerung an etwas aus einer früheren Lebensphase ist. Solche Reflexionen helfen, unbewusste Reaktionen zu erkennen und die Ursache der Spannung zu verstehen.

Das Führen eines Tagebuchs mit Ihren Reflexionen nach jeder Sitzung ist eine einfache, aber wirksame Möglichkeit, mit dem therapeutischen Prozess verbunden zu bleiben. Dabei können Notizen zu aufgetretenen Emotionen, aber auch zu Verständnis oder weitergehender Reflexion gemacht werden. Dank ihnen fällt es leichter, in der nächsten Sitzung auf wichtige Themen zurückzukommen. Eine solche Praxis stärkt die Unabhängigkeit bei der Arbeit an sich selbst und steigert das Gefühl der Handlungsfähigkeit.

Auf emotionale Tiefpunkte reagieren

Ein natürlicher Teil des therapeutischen Prozesses sind Momente, in denen die Emotionen intensiver werden und sich das Wohlbefinden verschlechtert. Solche Rückgänge sind oft die Folge der Aufarbeitung schwieriger Erlebnisse oder der Auseinandersetzung mit tief verborgenen Themen. In diesen Momenten treten Zweifel, Entmutigung und manchmal sogar Wut gegenüber der Therapie selbst auf. Dies bedeutet nicht, dass etwas nicht stimmt – im Gegenteil, es ist oft ein Zeichen dafür, dass die Arbeit erste Ergebnisse bringt.

Es ist wichtig, in solchen Momenten keine radikalen Entscheidungen zu treffen. Ein Abbruch der Therapie, eine Abschottung oder der Rückzug aus sozialen Kontakten können die Schwierigkeiten nur verschlimmern. Stattdessen lohnt es sich, auf bereits etablierte Strategien zurückzugreifen: mit einer Vertrauensperson zu sprechen, auf Notizen zurückzukommen, sich an die Ziele der Therapie zu erinnern. Solche Maßnahmen helfen uns, schwierige Zeiten zu überstehen und wieder auf die Beine zu kommen.

Es kann auch hilfreich sein, einen „emotionalen Notfallplan“ zu formulieren – eine einfache Reihe von Maßnahmen, die in Krisenmomenten helfen. Dazu können bestimmte Aktivitäten gehören: ein warmes Bad, ein Spaziergang, das Hören Ihrer Lieblingsmusik, die Begrenzung äußerer Reize. Es lohnt sich, einen solchen Plan schriftlich festzuhalten und leicht zugänglich zu machen, z. B.: auf Ihrem Telefon. Es erleichtert den Umgang mit überwältigenden Emotionen und erschwert logisches Handeln.

Aufrechterhaltung der Regelmäßigkeit und Motivation

Eine der größten Herausforderungen zwischen den Therapiesitzungen besteht darin, motiviert zu bleiben, an sich selbst zu arbeiten. Die Therapie führt nicht sofort zu Ergebnissen und manchmal ist es schwierig, Fortschritte zu erkennen. Deshalb lohnt es sich, bewusst entwicklungsfördernde Gewohnheiten zu pflegen. Regelmäßigkeit bedeutet nicht Zwang – es geht darum, tägliche Rituale zu entwickeln, die dabei helfen, emotionale Stabilität zu bewahren. Selbst einfache Handlungen wie morgendliches Dehnen oder das Aufschreiben eines positiven Gedankens pro Tag machen einen großen Unterschied.

Eine Stärkung der Motivation kann auch auf der Erinnerung an die Gründe für den Beginn einer Therapie beruhen. Es ist gut, auf die Fragen zurückzukommen: „Warum ist mir das wichtig?“, „Was möchte ich erreichen?“. Sie können auch ein Fortschrittstagebuch führen und selbst kleine Änderungen in Ihrem Verhalten oder Ihrer Denkweise notieren. Dies hilft uns, den Veränderungsprozess zu erkennen, der oft übersehen wird, wenn wir uns nur auf die Schwierigkeiten konzentrieren.

Auch zwischen den Sitzungen bieten wertvolle Wissensquellen eine gute Unterstützung: Psychologiebücher, Podcasts oder Artikel, die tiefer in das Thema Selbstarbeit einsteigen. Es lohnt sich jedoch, sie bewusst einzusetzen und die Materialien auf der Grundlage verlässlicher Erkenntnisse auszuwählen. Zu viele Informationen können kontraproduktiv sein und Chaos verursachen. Durch eine langsame, aber systematische Vertiefung des Wissens werden bessere Ergebnisse erzielt als durch die unreflektierte Aufnahme vieler Inhalte.

 

Lea Frank

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